MDR1-Gendefekt beim Hund Dieser Artikel ist tierärztlich verifiziert

MDR1-Gendefekt beim Hund

Bevor Sie Ihrem Hund Medikamente geben, sollten Sie herausfinden, ob ein MDR1-Gendefekt bei Ihrem Vierbeiner vorliegt.

Manche Hundekrankheiten lassen sich gut mit Medikamenten behandeln. Bei Hunden mit MDR1-Gendefekt richten sie dagegen großen Schaden an. Die genetische Störung kommt bei vielen Hunderassen vor und kann ernste Folgen haben. In diesem Artikel informieren wir Sie deshalb über den Gendefekt und seine Gefahren.

Wie gefährlich ist der MDR-Gendefekt beim Hund?

Der MDR1-Defekt ist eine genetische Störung. Sie führt dazu, dass betroffene Hunde bestimmter Rassen besonders empfindlich auf bestimmte Medikamente reagieren.

Nehmen Tiere mit defektem MDR-Gen eine zu hohe Dosis dieser Medikamente ein, können zentralnervöse Störungen auftreten. Das kann sogar tödlich enden, da die Wirkstoffe ungefiltert das Gehirn erreichen.

Aus diesem Grund ist die Verabreichung einiger Arzneimittel an Tiere mit dem Gendefekt verboten.

Bei einigen Hunderassen tritt der Gendefekt häufiger auf als bei anderen. Die Prozentzahlen in der folgenden Liste geben die Prävalenz an, also wie häufig der Defekt bei verschiedenen Rassen auftritt:

Forscher haben den MDR1-Defekt auch bei anderen Hunderassen wie dem Labrador oder dem Irischen Wolfshund entdeckt. Diese waren jedoch heterozygote Träger. Das bedeutet, sie haben das defekte Gen von einem statt von beiden Elternteilen geerbt und zeigen deshalb nur milde Symptome.

Einige Katzenrassen sind ebenfalls vom MDR1-Defekt betroffen. Obwohl die ursächliche Mutation eine andere ist, zeigen Katzen mit defektem MDR1-Gen ähnliche Symptome wie Hunde.

Allerdings tritt die Störung bei Samtpfoten seltener auf als bei Hunden. Die Forscher entdeckten den Defekt vor allem bei folgenden Katzenrassen:

Symptome: Was sind Anzeichen für den MDR1-Gendefekt bei Hunden?

Symptome können immer dann auftreten, wenn ein Hund mit MDR1-Defekt für ihn gefährliche Substanzen einnimmt. Die Wirkstoffe überwinden dann ungehindert die Blut-Hirn-Schranke.

Bei gesunden Tieren schützt diese Schranke das Gehirn vor äußeren Einflüssen. Ist ihre Funktion gestört, treten im Gehirn schwere Schäden auf, die zu zentralnervösen Ausfällen führen.

Zu den Symptomen gehören:

Ist die Dosis zu hoch und damit die Vergiftung zu schwer, können die Hunde ins Koma fallen und im schlimmsten Fall an den Folgen sterben.

Wann sollte ich zum Tierarzt?

Zögern Sie auf keinen Fall, Ihren Tierarzt aufzusuchen, wenn bei Ihrem Hund der Verdacht auf eine Vergiftung besteht. Die ersten Minuten und Stunden sind entscheidend, um der Vergiftung und möglichen Folgen eines MDR1-Gendefekts entgegenzuwirken.

Welpen mit MDR1-Gendefekt
In manchen Hunden schlummert der MDR1-Gendefekt. Informieren Sie sich deshalb beim Welpenkauf prädisponierter Hunderassen über den MDR1-Status der Tiere.

Diagnose: Wie wird der MDR1-Gendefekt bei Hunden erkannt?

Heutzutage ist es für Tierärzte ganz einfach möglich, einen MDR1-Gendefekt anhand einer Blutprobe festzustellen. Dazu entnimmt der Tierarzt Ihrem Hund 0,5 Milliliter nicht gerinnbares EDTA-Vollblut, das er dann zur weiteren Untersuchung an ein Speziallabor schickt.

Das Labor gewinnt aus dieser Probe die genomische Erbsubstanz (Desoxyribonukleinsäure), die mittels PCR-Test untersucht wird. Mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion lässt sich feststellen, ob eine Mutation (bezeichnet als „nt 230 (del4)“) im MDR1-Gen und damit ein Defekt vorliegt.

Wie wird der MDR1-Gendefekt vererbt?

Die Funktion des Gens ist in diesem Fall eingeschränkt, da dem defekten MDR1-Gen im Vergleich zu einem intakten Gen vier Basenpaare fehlen. Der Defekt kann auf zwei Arten vererbt werden:

Wenn beide Eltern den Defekt vererben, fehlt MDR1 vollständig. Betroffene Hunde reagieren dann stark auf die Verabreichung von gefährlichen Substanzen.

Wenn nur ein Elterntier ein defektes MDR1-Gen trägt, sind die Nachkommen heterozygot und das Gen ist in seiner Funktion eingeschränkt. Aus diesem Grund reagieren die betroffenen Tiere nur mit milden Krankheitszeichen.

Therapie: Ist eine Behandlung des MDR1-Gendefekts bei Hunden möglich?

Da es sich um eine Erbkrankheit handelt, ist eine gezielte Behandlung des Gendefekts MDR1 nicht möglich. Leidet Ihr Hund allerdings an einer Vergiftung infolge des MDR1-Defekts, hängt die Therapie grundsätzlich von den Symptomen ab.

In schweren Fällen ist oft eine stationäre Therapie in einer Tierklinik notwendig. Dort wird das kranke Tier stabilisiert und erhält lebensrettende Maßnahmen.

Welche Medikamente dürfen Hunde mit MDR1-Gendefekt nicht nehmen?

Damit ein Hund mit MDR1-Gendefekt keine Vergiftung erleidet, darf er selbstverständlich keine riskanten Medikamente zu sich nehmen. Zu den verbotenen Medikamentengruppen, die Ihr an MDR-1 leidender Hund niemals einnehmen sollte, gehören in erster Linie:

  • Parasitenmittel: Doramectin, Emodepsid, Ivermectin, Milbemycinoxim, Moxidectin
  • Durchfallmedikamente für Menschen: Loperamid

Es gibt auch andere Medikamente, die für MDR-1-Hunde als bedenklich eingestuft sind. Dazu gehören verschiedene Wirkstoffe, die in den folgenden Medikamenten zu finden sind:

  • Antibiotika: Erythromycin
  • Herzmedikamente (Herzglykoside): Digoxin
  • Medikamente gegen Übelkeit (Antiemetika): Ondansetron
  • Medikamente zur Behandlung von Epilepsie (Antiepileptika): Acepromazin
  • Schmerzmittel (z.B. Opioide): Apomorphin, Butorphanol, Loperamid
  • Chemotherapeutika (Zytostatika): Dactinomycin, Doxorubicin, Paclitaxel, Vincristin, Vinblastin

Wichtig: Verabreichen Sie Ihren Tieren niemals Medikamente, ohne vorher mit Ihrem Tierarzt zu sprechen.

Vorsicht vor Medikamenten in der Umwelt

Gefährliche Substanzen gelangen nicht nur durch die Verabreichung von Medikamenten in den Körper des Hundes – sie lauern auch in der Umwelt.

So kann es passieren, dass MDR1-erkrankte Hunde den Kot von Pferden fressen, die zuvor eine Wurmkur erhalten haben. Auch dann kann es zu einer Vergiftung kommen.

Ursachen: Was sind Auslöser für den MDR1-Defekt bei Hunden?

Um den MDR1-Gendefekt bei Hunden besser zu verstehen, ist ein Blick auf die Funktion des MDR1-Gens notwendig. Diese drei Fakten sollten Sie kennen:

  • Das Gen MDR1 (Multidrug-Resistance Transporters) hat die Aufgabe, die Aufnahme von schädlichen Fremdstoffen wie Medikamenten oder Umweltgiften in das Gehirn oder den Darm zu begrenzen.
  • Es trägt außerdem dazu bei, die Schadstoffe schnell über die Leber oder die Nieren auszuscheiden, um eine Vergiftung der Tiere zu verhindern.
  • Ist das MDR1-Gen durch eine Mutation geschädigt, fehlen diese Abwehrmechanismen. Das ist der Grund dafür, dass betroffene Hunde sensibel auf eine Überdosis Arzneimittel reagieren.

Prognose: Ist der MDR1-Gendefekt bei Hunden heilbar?

Da der MDR1-Defekt genetisch bedingt ist, ist eine Heilung nicht möglich. Umso wichtiger ist es, dass Ihr betroffener Hund keine gefährlichen Medikamente zu sich nimmt.

Zeigt er Vergiftungserscheinungen, sollten Sie rechtzeitig Ihren Tierarzt aufsuchen. Nur so hat Ihr Vierbeiner eine Chance, die Vergiftung möglichst unbeschadet zu überstehen.

Vorbeugung: Wie schütze ich Hunde vor dem MDR1-Defekt?

Um sicherzugehen, dass bei der Einnahme von Medikamenten keine Gefahr für Ihren Liebling besteht, ist es ratsam, seinen MDR1-Status bestimmen zu lassen.

Ein PCR-Test ist nicht nur sinnvoll, wenn Sie den Status Ihres Hundes nicht kennen, sondern auch, um die Ausbreitung der Mutation zu stoppen.

Ein PCR-Test zum Nachweis des MDR1-Gendefekts sollten Sie also durchführen lassen, wenn eine Therapie mit Medikamenten ansteht oder Sie mit prädisponierten Rassen züchten wollen.

Wichtig bei der Adoption eines Hundes: Wenn Sie sich für einen Hund der häufig betroffenen Rassen entscheiden, sollten Sie die Züchter oder Vorbesitzer unbedingt nach dem MDR1-Status des Hundes fragen.

Quellen:


Franziska G., Tierärztin
Profilbild von Tierärztin Franziska Gütgeman mit Hund

An der Justus-Liebig-Universität Gießen wurde ich zur Tierärztin ausgebildet und durfte Erfahrungen in verschiedensten Bereichen sammeln. Seitdem arbeite ich nicht nur als tierärztliche Autorin, sondern auch an meiner Dissertation. Mein Ziel ist es, Tiere vor krankheitserregenden bakteriellen Erregern zukünftig besser zu schützen. Neben meinem tierärztlichen Wissen teile ich meine eigenen Erfahrungen als glückliche Hundebesitzerin. Dadurch kann ich Ängste und Probleme nachvollziehen und zugleich über diese aufklären.


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