Mein Leben mit Hund

Vom Milchbart zur grauen Schnauze

Weißer Schweizer Schäferhund
Von Junior bis Senior: Fast ein Jahrzehnt als Hundemama hat mein Leben nachhaltig verändert und geprägt.

Wie ist es, den eigenen Hund durch alle Lebensphasen zu begleiten und ihn langsam altern zu sehen? Unsere neun Jahre voller Freude, Veränderung und Sorgen teile ich hier mit dir.

Herausforderung eins: Ziehe einen Hund groß. Herausforderung zwei: Bringe euer gemeinsames Leben möglichst kompakt aufs Papier. Mittlerweile liegen neun Jahre als Hundemama mit meinem Schweizer Schäferhund Elyos hinter mir. Je weiter ich zurückblicke, desto mehr realisiere ich, was sich in dieser Zeit alles verändert hat. Hier kommen die markantesten Momente, die unsere gemeinsame Zeit und Elyos Entwicklung geprägt haben – zum Schmunzeln und Reflektieren.

Freude, Chaos und Pfützen: Die Welpenzeit

Seit Elyos Geburt lagen acht Wochen Vorfreude, Ungeduld und Vorbereitung hinter mir. Meine Gefühle sind Achterbahn gefahren – Ely ist schließlich mein erster eigener Hund. Aufregung, Freude und Sorgen waren also gleichermaßen groß.

Der Tag des Einzuges war überwältigend. Plötzlich stand da dieses kleine, hilfsbedürftige Lebewesen. Noch so unschuldig, tapsig und unkoordiniert. Wie ein Lämmchen sah Elyos aus mit seinem flauschigen, weißen Welpenfell. Nach einer langen Heimreise betrat Elyos erstmal neugierig und vorsichtig sein neues Revier: Im großen Haus mit Garten gab‘s viel zu entdecken… und anzustellen. Zuerst hat Ely wie ein Staubsauger seinen Futternapf geleert – da war der Konkurrenzkampf ums Futter mit sechs Geschwisterchen noch fest verankert. Dank stürmischer Fressmanieren ist allerdings mehr neben dem Napf gelandet als im Hund. Und nach Ely’s gefühlt stündlichen, aufgedrehten „fünf Welpenminuten“ folgte ein ausgiebiger Powernap – das ganze eigentlich fast in Dauerschleife.

Auch die erste Nacht mit Elyos war aufregend… und voller Pfützen. So schnell wie erhofft konnte ich gar nicht reagieren, wenn das kleine Fellknäuel sich erleichtern wollte. So bin ich ab Mitternacht bis früh um vier mit Küchenrolle gewappnet hinter dem kleinen Energiebündel her, um kleinere Unfälle zu beseitigen. Als wir dann extra raus in den Garten sind und dort ausreichend verweilt haben, musste der kleine Herr natürlich nicht mehr.

Das war erstmal die Realität: ein quirliger, (noch) nicht stubenreiner Welpe, eine aufgeregte, frischgebackene Hundefamilie und – trotz Vorbereitung – doch kein richtiger Plan. Aber nach ein paar Tagen und mit Teamwork haben wir uns super eingegroovt.

Aber zurück zur ersten Nacht: Früh um halb fünf ist Elyos nach seiner ausgiebigen und feucht-fröhlichen Entdeckungstour erschöpft zu mir ins Bett gekrochen. Dann hat er sich vorsichtig an meine Beine geschmiegt. Und erst dann wurde mir so richtig klar: Elyos ist mein Hund. Ich werde jetzt sein ganzes Leben lang für ihn sorgen. Was für eine Aufgabe. Und Verantwortung. Und ein Geschenk.

Wie ein Hund alles verändert

Die Welpenzeit war also aufregend, spannend und erschöpfend zugleich: Ein neuer Tagesablauf, ein bisschen Chaos, ein bisschen Improvisieren. Elyos und ich mussten uns als Team einspielen und unsere Körpersprache deuten lernen.

Ich musste auch immer ein Auge auf meinen kleinen, tapsigen Eisbären haben. Immer wieder hat man Gefahrenquellen entdeckt oder etwas, dass nicht in Hundeschnäuzchen gehört. Auch die Treppe mussten wir sichern, die ist für kleine Hunde natürlich tabu. Das Hoch- und Runtertragen hat der kleine Prinz sich aber gut gefallen lassen. Zwischen Kuscheln, Erziehung, Gassi und „Schadensbegrenzung“ haben wir schließlich unsere erste Routine im Welpenalltag gefunden.

Neue, pure Lebensfreude hat Elyos als Welpe in unser Leben gebracht. Er war aufgeschlossen und freundlich, mit Menschen und Artgenossen. Ganz stolz war ich auf meinen bis hierher recht gut erzogenen und lernwilligen Sprössling. Da habe ich die Rechnung aber ohne die Flegelphase gemacht.

Herausforderungen, Hormone & Grenzen: Die Teenie-Phase

Vom zurückhaltenden Tollpatsch wurde Elyos zum übermütigen Entdecker – und Grenzentester. Denn als heranwachsender Rüde versuchte Ely gerne mal seinen Dickkopf durchzusetzen: Kommandos? Kenn ich nicht. Es geht nicht nach meiner Schnauze? Gut, dann heule ich jetzt – laut. Und lange.

Da musste ich jetzt unbedingt dran bleiben – mit viel Liebe, Geduld und am Ende dem längeren Atem. Schließlich wollte ich den großen Wolf, der aus dem Lämmchen heranwächst, später auch gut im Griff haben.

Und apropos wachsen: Besonders lustig war es zu beobachten, wie Elyos Körper sich verändert – nämlich erstmal unproportional. An seinem zarten Körper ragten diese riesigen Fledermausohren empor. Und seine stelzigen Beine mündeten in große Bärenpfoten. Ely wurde zudem kräftiger und ungestümer. Ein paar Mal hat er mich wortwörtlich aus den Socken gehauen – mit Kraft, aber auch mit plötzlichen, unschönen Hundemanieren.

Das Pubertier lässt grüßen

Elyos schien in dieser Teenie-Phase sehr konzentrationslos zu sein. Viel zu schnell ließ er sich von allem und jedem ablenken. Die Welt war aber auch spannend! Und Katzen waren auf einmal richtig doof! Nachdem er anfänglich ein sehr gutes Verhältnis zu unserer damaligen Katze Maggy hatte, zerbrach dieses in der Flegelphase leider in kurzer Zeit. Seit Maggy Elyos – zurecht – einmal in die Schranken wies, hat er leider keinen guten Draht mehr zu Samtpfoten – bis heute.

Natürlich wurden auch Hundemädchen in dieser Phase besonders interessant. Rüden hingegen wurden vermehrt zu Rivalen. Oft bin ich verzweifelt wegen liebeskrankem Geheule und vermehrten Streitigkeiten mit anderen Rüden – den Hormonen und der Geschlechtsreife sei Dank. Apropos: Nachdem Elyos sich als Welpe wochenlang wie ein Mädchen erleichtert hat, ist er beim ersten Mal „das Beinchen heben“ seitlich in den Busch gekippt. Da waren wir beide kurz erschrocken, und ein bisschen lachen musste ich auch. Mein kleiner Milchbart war jetzt also ein junger Hundemann?

Der Instinkt ruft

Neben Hormonen kam zudem noch etwas durch: Elyos tierische Instinkte. Er ist mir in der Zeit, obwohl er bis dato vorbildlich frei lief, zwei, drei Mal zum Jagen ausgebüxt: Das war jedes Mal ein schrecklicher, hilfloser Moment. Elyos kam glücklicherweise immer nach kurzer Zeit – erfolglos – wieder zurück vom seinem Jagdtrip. Aber seitdem war meine Angst groß, dass es wieder passiert. Im Wald ist er jetzt immer an der Leine – die Sicherheit für Elyos und andere Tiere geht vor. Freilauf und kontrolliertes Spielen gibt es nur noch auf gut überschaubaren, großen Wiesen oder Parks.

Glück gehabt

Und dann kam noch der größte Schreck: Mit nicht mal einem Jahr wurde Elyos vermutlich Opfer eines Giftköders. Ganz geschwächt quälte er sich mit permanentem Erbrechen und schlimmen Durchfall. Es war furchtbar. Das war das erste Mal, dass ich so richtig mit Elyos gelitten habe. Zum Glück konnte der Tierarzt schlimmeres abwenden. Aber noch heute bin ich panisch, wenn Elyos lange am Wegesrand im Gras schnüffelt. In solchen Momenten wird einem bewusst, wie viel einem ein Tier bedeuten kann und wie sehr es einen trifft, wenn ihm etwas zustößt.

Rückblickend war Elyos‘ Teenie-Zeit keine einfache Phase. Oft war ich ratlos und frustriert, weil vieles anders kam als erwartet und erhofft. Aber auch das haben wir mit der Zeit und der guten alten Hundeschule größtenteils gemeistert und sind zusammen gewaschen.

Ankommen, Routine und Rudelgefühle: Die Adult-Phase

Gefühlt war es ein Wimpernschlag: Aus fünf Kilo wurden 45 Kilo. Aus 30 Zentimeter Schulterhöhe wurden 70 – mein schlacksiges Lämmchen war jetzt ein imposanter Wolf.

Die Flegelphase hatten wir hinter uns. Elyos war jetzt mit seiner Konzentration wieder bei mir. Naja, meistens jedenfalls. Das Training und die Erziehung hört eigentlich nie auf. Aber zum Glück spielten mir seine Rasseeigenschaften gut in die Karten.

Typisch Schäferhund

Nachdem Elyos früher gerne auch mal sein Ding gemacht hat, suchte er ab dieser Phase vermehrt die Nähe seines Rudels, er verfolgte uns auf Schritt und Tritt. Sind wir alle zusammen unterwegs, will er alle Schäfchen beisammen halten. Wehe es läuft jemand vor oder schleicht hinterher! Beim Gassi entfernt er sich nie zu weit, schaut immer zurück und wartet. Drinnen quetscht er sich zwischen Beine und Stühle unter den vollbesetzten Küchentisch, ganz nach dem Motto: „Mittendrin statt nur dabei“ – und das, obwohl er vier bequeme Hundebettchen hat!

In dem Alter kamen auch weitere typische Schäferhund Charakterzüge durch. Elyos ist extrem wachsam und hat zudem einen stark ausgeprägten Beschützerinstinkt. Angst, dass jemand unbefugt ins Haus schleicht, haben wir nicht mehr. Der Postbote und Elyos werden leider auch keine richtigen Freunde. Der drückt immer diese blöde Klingel – für Elyos das Alarmsignal schlechthin: ein Eindringling! Und das, obwohl der Postbote die meisten Pakete für ihn liefert. Und ja, wir haben es mit Klingel-Training probiert. Aber der kleine Frechdachs ist so schlau, dass er genau weiß, wann wir klingeln – zur Probe – und wenn ein Fremder klingelt.

Ein eingespieltes Team

Im Großen und Ganzen haben wir in dieser Phase unsere Routine gefunden. Ich kann sagen: So ein großer Hund hält einen auf Trab! Elyos ist ein sehr aktiver Vierbeiner und braucht ordentlich Auslastung. Bei Wind und Wetter, bei Nacht und Nebel. Wenn die Hundeblase drückt, gehen wir auch mal nachts im Pyjama aus dem Haus. Lange Ausschlafen ist selten. Ein langer Urlaub ohne Elyos auch. Aber das ist es mir allemal wert. So aktiv und viel in der Natur war ich jahrelang nicht. Elyos tut mir einfach gut, seelisch wie körperlich.

Gefühlt war diese Phase die „leichteste“. Mit gefestigten Routinen und vielen tollen gemeinsamen Erlebnissen. Elyos war in seiner vollen Blüte, das pure Leben. Aber ein neuer Abschnitt forderte erneut Veränderungen… und jede Menge Emotionen.

Gemütlichkeit, Geduld und Sorgen: Die Senior-Phase

Heute ist Elyos neun Jahre alt. Ist mein kleiner Eisbär wirklich schon ein Senior? Man will es nicht wahrhaben. Wo ist die Zeit hin?

Aber wie bei uns Menschen ist das Alter oft nur eine Zahl. Elyos ist zum Glück noch immer recht fit. Ab und an etwas gemütlicher und langsamer, ja – außer wenn es ein Leckerli gibt oder ich die Frisbee zücke, dann ist er noch die alte Rakete. Ely macht heute gerne ausgiebig Mittagsschlaf und bepöbelt den Postboten oft nur noch aus dem Liegen im Hundebett. Indessen gibt es auch mehr Sport für den Kopf, als für die Beine. Und während Ely früher beim Gassi immer die neugierige Nase vorne hatte, läuft er heute meist gemütlich neben uns oder schleicht auch mal entspannt hinterher.

Mal davon abgesehen, sehe ich Elyos das Alter aber kaum an. Bei seinem eh schon weißen Fell wird das graue Schnäuzchen gar nicht so leicht sichtbar – aber ich weiß, dass es da ist.

Was geblieben ist: Noch immer ist Elyos sehr wachsam und hin und wieder ungestüm. Er sucht auch noch mehr die Nähe zu uns. Er fordert und genießt seine Streicheleinheiten – dafür schiebt er mir immer eindringlich seine nasskalte Nase unter meinen Arm oder zwischen die Beine, bevor er mir erwartungsvoll seinen Hundepo hinhält. Dort ordentlich gekrault zu werden, mag er nämlich am liebsten. Und beim Kuscheln fällt mir immer wieder auf: Sein Eisbärenfell ist fast noch so flauschig wie damals als Welpe.

Ein schlimmer Gedanke

So weit, so gut. Aber irgendwann war der Tag da, an dem mich ein Gedanke nicht mehr losließ: Wie viel Zeit bleibt mir noch mit Elyos?

Keine Hundeeltern wollen sich vorstellen, wie es einmal ohne den eigenen Vierbeiner sein wird. Allein der Gedanke, der geliebte Hund wird einmal von der Altersschwäche eingeholt oder unter Schmerzen leiden, nimmt einen sehr mit. Aber ich musste auch lernen: Man darf nicht zu viel darüber nachdenken. Unsere Hunde leben im Hier und Jetzt, und das sollten wir auch – jeden Tag in vollen Zügen und gemeinsam genießen.

(Vor-)Sorgen

Ich muss jetzt noch mehr auf meinen kleinen, großen Eisbären achten. Wir gehen öfter zum Tierarzt. Für das Ein- und Aussteigen aus dem Auto unterstütze ich ihn mit einer Hunderampe. Ich versuche auch, dass er so wenig Treppen wie möglich laufen muss, auch wenn er es noch kann. Ich habe mehr Geduld, wenn er langsamer ist und gebe ihm die Ruhe, die er vermehrt braucht.

Glücklicherweise ist Ely bisher von größeren gesundheitlichen Beschwerden verschont worden. Das einzige Problem, unter dem Elyos leidet, ist eine vergrößerte Prostata aufgrund eines Hormonungleichgewichts – leider keine Seltenheit bei älter werdenden Rüden. Aktuell haben wir das aber gut im Griff. Aber was hält das Seniorenalter noch für uns bereit? Ungewissheit und etwas Angst werden immer da sein.

Vom felligen Freund zum besten Freund

Meine Jahre mit Elyos waren sehr prägend, meist voller Sonnenschein aber eben nicht ohne Sorgen. Ich bin froh, dass ich erleben durfte, wie Elyos durchs Leben geht. Er hat mein Leben enorm bereichert und mir für so viele Dinge die Augen geöffnet. So wie er mir zur Seite stand, werde ich ihm zur Seite stehen – bis zum letzten Tag.

Ely ist mein treuester Freund und das Beste, was mir in einer damaligen schweren Zeit passieren konnte. Ich habe es lange nicht einsehen wollen, dass er älter wird. Aber es stimmt: Mein kleiner Milchbart ist jetzt eine graue Schnauze. Was eigentlich bedeutet: Wir haben schon viele schöne Jahre zusammen verbringen können und wertvolle Erinnerungen gesammelt. Und ich hoffe sehr, es werden noch ein paar gemeinsame Hundejahre mehr.

Erzähle mir auch die Geschichte von dir und deinem Hund: Was hat eure einzelnen Lebensphasen geprägt? Was habt ihr gemeinsam erlebt und gefühlt?

Kommentare

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  • Sabine Winschermann

    sehr schön geschrieben, habe mein Mädchen mit gutem Alter lieben kennen lernen dürfen,9 Jahre war sie schon. Habe sie vom Tierschutz, Heidi war eine Gebar Maschine wir genießen jeden Tag. Vielen Dank für deine Geschichte habt eine schöne Zeit.

    1 Antwort anzeigen
    • Author
      @Sabine Winschermann

      Liebe Sabine, vielen Dank für deinen Kommentar und deine lieben Worte, das freut mich sehr! 🙂 Schön, dass du einem „grauen Schnäuzchen“ eine Chance gegeben hast, sie haben es oft schwer in der Vermittlung… Ich hoffe sehr, auch ihr werdet noch einige wunderbare Jahre zusammen verbringen, alles Gute für euch! 🙂 Liebe Grüße, Luisa

  • Stefanie Aue

    Danke, dass du deine persönliche Story von Elyos und dir mit uns geteilt hast 😊. Die Teenagerzeit erinnert mich gerade sehr stark an meinen Hund 😅.

    1 Antwort anzeigen
    • Author
      @Stefanie Aue

      Liebe Stefanie,
      vielen Dank für deinen lieben Kommentar. Es war sehr schön in Erinnerungen zu schwelgen und über unsere Zeit zu schreiben, aber auch sehr aufwühlend. Die lange Zeit schweißt einen richtig zusammen. 🙂 Was stellt denn dein Vierbeiner gerade alles so an?
      Liebe Grüße,
      Luisa