Tiersammelsucht in Deutschland

Animal Hoarding Fälle auf neuem Rekordniveau

Animal Hoarding
Unter Animal Hoarding versteht man die krankhafte Sucht, Tiere zu sammeln. Meist sind sich Tierhorter nicht bewusst, welchem Leid sie den Tieren in ihrer Obhut aussetzen.

Eine Datenauswertung des Deutschen Tierschutzbundes zeigt die Fälle von Animal Hoarding im Zeitraum von 2012 bis 2021. Rund 30.000 Tiere waren betroffen – Tendenz steigend.

Für den Zeitraum der vergangenen zehn Jahre erfasste der Deutsche Tierschutzbund 437 Fälle krankhafter Tiersammelsucht in Deutschland mit insgesamt mehr als 30.000 gehorteten Tieren. Seit Beginn der Erfassung verzeichnet der Dachverband zudem einen deutlichen Aufwärtstrend. Im Durchschnitt würde in Deutschland pro Woche mindestens ein Fall aufgedeckt werden.

Allein im letzten Jahr seien es so viele wie noch nie gewesen: Mit 68 gemeldeten Fällen von Animal Hoarding und über 4.200 betroffen Tieren sei im Jahr 2021 ein trauriger Rekord gebrochen worden. Tierschützer gehen allerdings von einer weitaus höheren Dunkelziffer aus. Laut dem Deutschen Tierschutzbund handle es sich um ein bundesweit ernstzunehmendes Tierschutzproblem.

„Die Zahlen sind erschreckend. Hinter jedem einzelnen Fall steht unfassbares Tierleid: Während die Halter oft gar nicht merken, dass es ihren Tieren schlecht geht, sie möglicherweise immer noch weitere aufnehmen, hausen die Tiere auf begrenztem Raum in ihrem eigenen Urin und Kot, sind verwahrlost, unterernährt und krank. Völlig unkontrolliert pflanzen sie sich fort. In vielen Fällen bergen Tierschützer bei Rettungsaktionen tote Tiere.“

 Nina Brakebusch, Fachexpertin für Animal Hoarding, Deutscher Tierschutzbund

Traurige Spitzenreiter

Aus der Datensammlung geht außerdem hervor, dass mit insgesamt 201 Fällen vor allem Katzen am häufigsten von Animal Hoarding betroffen waren. Hunde wurden in 186 Fällen gehortet, kleine Heimtiere in 134 – wobei Kleintiere in Hinblick auf ihre Gesamtanzahl von 10.709 Einzeltieren die häufigsten Opfer von Tiersammelsucht waren.

Die meisten Fälle 2021 gab es laut der Erhebung in Nordrhein-Westfalen, dicht gefolgt von Bayern. Mit Gesamtblick auf die vergangenen zehn Jahre sei Bayern sogar das Bundesland mit den insgesamt meisten aufgedeckten Fällen.

Bedenkliche Entwicklung

Laut dem Deutschen Tierschutzbund haben sich die Fälle von Animal Hoarding seit 2012 demnach verdreifacht: Damals wurden im Vergleich 22 Vorfälle dokumentiert. Auch die Zahl der betroffenen Tiere sei deutlich angestiegen.

Die Tierschützer befürchten auch, dass die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und steigende Lebenskosten das Problem in den letzten Jahren und Monaten noch verschärft habe.

„Häufig führt ein Schicksalsschlag, wie der Tod eines Angehörigen, die Verschlechterung der eigenen, auch psychischen Gesundheit oder finanzielle Not dazu, dass Menschen in eine Hoarding-Haltung abrutschen. Solche Auslöser könnte es zuletzt häufiger gegeben haben.“

 Nina Brakebusch, Fachexpertin für Animal Hoarding, Deutschen Tierschutzbund

So lange die Krisenzeit anhält und auch noch Nachwirkungen der Corona-Pandemie zu erwarten sind, gehe man von einer weiter steigenden Zahl an Tiersammel-Fällen aus. Diese könnten sich erst in diesem oder im kommenden Jahr noch zeigen.

Entlastung der Tierheime und Heimtierschutzverordnung gefordert

Aufgrund zunehmender Abgaben, insbesondere von „Corona-Tieren“, und steigenden Kosten stünden bereits jetzt schon viele Tierheime vor dem Zusammenbruch. Die außerplanmäßige Versorgung von beschlagnahmten Tieren aus Hoarding-Haushalten stellt für sie eine zusätzliche Belastung dar.

Der Deutsche Tierschutzbund fordert daher immer wieder eine bessere finanzielle Unterstützung durch die Kommunen. Um das Problem langfristig in den Griff zu bekommen, müsse allerdings eine neue Heimtiertierschutzverordnung greifen. Diese muss klare Vorgaben für Zucht und Haltung einzelner Tierarten und einen verpflichtenden Sachkundenachweis für die Halter beinhalten.

Auch ein übergreifendes Zentralregister für auffällig gewordene Tierhalter würde den Behörden helfen, gegen Hoarder vorzugehen.

Darüber hinaus setzen sich die Tierschützer für die Anerkennung von Animal Hoarding als eigenständige Krankheit ein. So könne man betroffenen Personen bessere Angebote zur Prävention und Therapie ermöglichen. Ohne eine entsprechende Therapie sei die Chance auf einen Rückfall in die Tiersammelsucht groß.

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