Europäische Wildkatze

Verfasst von Jana Schubert
Europäische Wildkatze

Die Europäische Wildkatze ist nur schwer von der Hauskatze zu unterscheiden.

Noch im 19. Jahrhundert galt die Europäische Wildkatze als nahezu ausgerottet. Nach umfangreichen Schutzmaßnahmen hat sich die Population heute wieder erholt. Die scheuen Katzen sind Wildtiere, die sich nicht für die Haltung als Haustier eignen.

Steckbrief zur Europäischen Wildkatze

Kurzinfo: Zurückgezogen lebende, wilde Waldkatze; heimisch in Europa, bedroht und streng geschützt.
Widerristhöhe: 46–58 cm
Gewicht: Bis 4 kg Kätzin, bis 7,5 kg Kater
Durchschnittliche Lebenserwartung: 7–10 Jahre, in menschlicher Obhut 15 Jahre
Wesen: scheu, Einzelgänger
Fell: kurz, dicht, buschig
Fellfarben: getigert mit Nuancen in grau, creme, braun, rötlich
Erziehungsaufwand: nicht domestizierbar
Herkunft: Europa

Aussehen der Europäischen Wildkatze

Die Europäische Wildkatze sieht der Hauskatze zum Verwechseln ähnlich. Schädelgröße, Gewicht und Schwanzlänge gleichen denen ihres domestizierten Pendants. Doch es gibt auch Unterschiede: Die wilden Wald-Katzen besitzen einen wuchtigen Körperbau und einen sehr buschigen Schwanz, der im Gegenteil zur Hauskatze nicht spitz, sondern stumpf zuläuft. Bei Bedrohung stellen sich die Schwanzhaare auf, was sehr eindrucksvoll wirkt.

Vor der Beute verborgen

Die Europäische Wildkatze jagt im Unterholz – und muss sich dabei gut tarnen. Das stets getigerte Fell zeigt deshalb unauffällige Farben, die zwischen creme-braun, rötlich-grau und silberfarben wechseln. Auf dem Rücken trägt sie einen charakteristischen schwarzen Streifen, der bis an die Schwanzwurzel reicht.

Der voluminöse Schwanz ist typischerweise geringelt und weist drei bis fünf schwarze Ringe auf. Wichtiges Erkennungsmerkmal: Die Schwanzspitze der Europäischen Wildkatze ist immer schwarz und unter dem Kinn findet sich stets ein heller Kehlfleck.

Verwilderte Hauskatze?
Auch wenn sie unseren heimischen Schmusetigern sehr ähnlichsehen – Europäische Wildkatzen sind keine verwilderten Hauskatzen, sondern eine eigene, nicht domestizierte Art.

Kompakter Körper mit buschigem Schwanz

Die Kater der Europäischen Wildkatze werden zwischen 55 und 65 Zentimeter lang und haben zusätzlich einen Schwanz von etwa 30 Zentimeter Länge. Mit 3,8 bis 7,5 Kilogramm können sie durchaus kräftige Erscheinungen werden. Die weiblichen Katzen hingegen bleiben mit 47 bis 57 Zentimetern Länge und einem Gewicht von durchschnittlich 4 Kilogramm graziler.

Europäische Wildkatzen werden in der Wildnis ungefähr sieben bis zehn Jahre alt. In Wildgehegen oder im Zoo können sie sogar 15 Jahre alt werden.

Europäische Wildkatze
Nachdem sie fast ausgerottet wurde, haben sich die Bestände der Europäischen Wildkatze nun wieder erholt.

Europäische Wildkatzen bevorzugen weitläufige und wenig frequentierte Misch- oder Laubwälder. Diese finden sie etwa in Schottland, Spanien, Portugal und auf dem Balkan. Auch in Deutschland kommen sie vor. Allerdings wird der Lebensraum der Katzen hierzulande immer kleiner. Aktuell leben in Deutschland – auch dank zahlreicher Tierschutzprogramme – schätzungsweise wieder etwa 8.000 Tiere.

Die wilden Katzen leben im Wald und am Waldesrand. Zwischen den Bäumen suchen sie Schutz, doch wenn alles ruhig ist, wagen sie sich auch auf die freie Flur zwischen waldnahen Hecken.

Kein Haustier

Wie der Name schon sagt, ist die Europäische Wildkatze ein Wildtier. Sie ist für die häusliche Haltung vollkommen ungeeignet. Selbst Europäische Wildkatzen, die vom Menschen mit der Flasche aufgezogen werden, bleiben wild und lassen sich nicht zu einem zahmen Haustiger erziehen.

Eine Paarung mit freigehenden Hauskatzen ist aufgrund der nahen Verwandtschaft grundsätzlich möglich, jedoch haben Studien in Deutschland gezeigt, dass dies nahezu nie passiert. Die Wildkatzen scheinen sich von domestizierten Artgenossen fernzuhalten und unter sich zu bleiben.

In freier Wildbahn sind die Wildkatzen schwierig auszumachen, da sie sehr gute Sinne haben, den Menschen früh wahrnehmen und Begegnungen grundsätzlich scheuen. Sie laufen Spaziergängern daher so gut wie nie zufällig über den Weg. Um diese Wildtiere zu beobachten, braucht es viel Geduld oder aber Wildtier-Kameras. Diese werden von den scheuen Tieren akzeptiert und lösen keinen Fluchtreflex aus.

Kluge Wildkatzen
Das Gehirn der Europäischen Wildkatze ist größer als das der Hauskatze. Biologen gehen daher davon aus, dass ihre Intelligenz und geistige Leistungsfähigkeit entsprechend hoch sind.

Effiziente Raubtiere

Genau wie unsere Hauskatzen sind Europäische Wildkatzen Pirschjäger, schleichen sich also unbemerkt an ihre Beute heran, um sie dann überfallartig mit einem Sprung zu erlegen. Die Tötung erfolgt in der Regel durch einen Genickbiss.

Ihr scharfes Raubtiergebiss und ihre achtzehn langen und sehr scharfen Krallen machen die wilden Katzen im Verhältnis zu ihrer Größe auffallend wehrhaft. Ihre scharfen Sinne liefern ihr zusätzlich alle Informationen, die sie für die Jagd benötigt. Sie ist damit ein Musterbeispiel für ein erfolgreiches Raubtier.

Wie groß ist das Revier der Europäischen Wildkatze?

Die Größe eines Katzenreviers richtet sich nach dem Angebot an Beutetieren. In Gebieten, in denen ein optimales und reichliches Angebot an Nahrung besteht, reichen einer Wildkatze 2 bis 3 Quadratkilometer aus, um sich und potenzielle Jungtiere ernähren zu können.

In beutearmen Gegenden jedoch kann die Reviergröße schnell auf über 10 Quadratkilometer anwachsen. Das bedeutet für die Tiere einen wesentlich höheren Aufwand und mehr zurückgelegte Strecke, um erfolgreich im Beutefang zu sein.

Kater jagen grundsätzlich in größeren Revieren als Katzen. Das hat hauptsächlich mit dem Beanspruchen von Gebieten gegenüber Artgenossen zu tun. Europäische Wildkatzen sind Einzelgänger und streifen ohne Gesellschaft durch ihr Revier.

Der Speiseplan der Europäischen Wildkatze variiert je nach Angebot der Gegend. Meist fressen sie verschiedene Mäuse oder Ratten. Auf dem Kontinent kommen hin und wieder Eidechsen, Vögel, Frösche oder Insekten dazu.

In Schottland dagegen ernährt sich die Wildkatze hauptsächlich von Kaninchen. Auf Aas, Rehkitze und Frischlinge greift die Wildkatze nur im Notfall zurück. Da sie ein reiner Carnivore ist, verschmäht sie Pflanzen grundsätzlich.

Die Balzzeit der Wildkatze beginnt im Januar und hat ihren Höhepunkt in der zweiten Februarhälfte. Nach 63 bis 69 Tagen Tragzeit bekommt die Katze zwei bis vier Junge, die die ersten Wochen voll von ihr gesäugt werden. Später bringt sie ihnen Mäuse und andere Beute. In den Sommermonaten übt die Mutter mit ihren Kleinen das eigenständige Jagen.

Die meisten Würfe der Europäischen Wildkatzen kommen im April zur Welt. Sollten viele Junge bei der Geburt sterben, wird in seltenen Fällen im Herbst ein zweiter Wurf geboren.

Gefährdung: Ist die Europäische Wildkatze bedroht?

Es gab Zeiten, da stand es schlecht um die Europäischen Wildkatze. Ende des 19. Jahrhundert galt sie in weiten Gegenden Europas als ausgerottet – eine Folge der unkontrollierten Jagd. Heute sieht die Lage besser aus: Ganzjährige jagdliche Schonzeit, Schutzmaßnahmen und ein konsequenter Wiederaufbau der Population haben dazu geführt, dass sich die Bestände stabilisierten.

Heute ist ihr größter Feind die zunehmende Landnahme durch den Menschen. Sich immer weiter ausbreitende Siedlungsflächen zerstören den natürlichen Lebensraum der Katze und drängend das scheue Tier in die ruhigen, ursprünglichen Waldgebiete des Landes zurück. In Europa gehört die Europäische Wildkatze nach wie vor zu den streng geschützten Arten. In Deutschland gilt sie als gefährdet und steht auf der „Roten Liste“.

Fazit: Wildtier durch und durch

Die Europäische Wildkatze ist kein Haustier, sondern ein echtes Wildtier. Sie lässt sich nicht zähmen und ist in Deutschland durch diverse Gesetze geschützt. Haltung und Kauf sind für Privatpersonen nicht möglich. In freier Wildbahn wird man die faszinierenden und überaus scheuen Geschöpfe kaum antreffen. Wer dennoch den seltenen Anblick einer Europäischen Wildkatze genießen möchte, sollte einen Wildpark besuchen.


Jana Schubert
Profilbild von zooplus Magazin Autorin Jana Schubert

Schon als Baby habe ich lieber mit unserer Perserkatze gekuschelt als mit meinem Teddy. Später ging ich meinen Eltern so lange auf die Nerven, bis ich ein Pferd adoptieren durfte. Mit meinen Tieren habe ich viel erlebt. Und auch wenn das Leben mit Tieren nicht immer einfach ist, kommt für mich kein anderes in Frage. Denn Tiere berühren mich an einer Stelle meiner Seele, wo sonst nichts und niemand hinkommt. Diesen Zauber spüre ich sogar, wenn ich über Vierbeiner schreibe. Ich hoffe, etwas davon kommt bei Ihnen an.


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