Spüren Fische Schmerzen: Das sagt die Wissenschaft Dieser Artikel ist tierärztlich verifiziert

Spüren Fische Schmerzen

Die Frage, ob Fische Schmerzen spüren, beantworten zahlreiche Studien mit Ja.

Aquarianer oder tierliebe Angler stellen sich irgendwann die Frage: Spüren Fische Schmerzen? Da Fische nicht sprechen können, ist eine zufriedenstellende Antwort nicht einfach zu finden. Ein Blick in die Wissenschaft hilft jedoch, das Schmerzempfinden von Fischen besser zu verstehen.

Biologische Grundlagen: Wie entsteht Schmerz?

Der Gedanke an Schmerzen löst bei vielen Menschen zunächst negative Gefühle aus. Dabei hat der Schmerz (Algesie) durchaus seine Daseinsberechtigung. Er übernimmt im Körper eine wichtige Warnfunktion.

Schmerz gibt Lebewesen das Signal, sich dem schmerzauslösenden Reiz zu entziehen, um gefährliche Schäden durch die Schmerzquelle zu vermeiden.

Damit ein Lebewesen Schmerzen empfinden kann, sind Schmerzrezeptoren im Körper notwendig. Diese sogenannten Nozizeptoren reagieren auf verschiedene Reize, die ein Schmerzsignal auslösen können. Dazu gehören zum Beispiel:

  • chemische (Gifte),
  • mechanische (Verletzungen) oder
  • thermische Reize (Hitze oder Kälte).

Das bloße Vorhandensein von Schmerzrezeptoren reicht allerdings noch nicht aus, damit ein Lebewesen den Schmerz bewusst wahrnimmt. Dafür muss der aufgenommene Reiz zunächst verarbeitet werden.

Diese wichtige Aufgabe übernimmt das Gehirn. Über Nervenbahnen empfängt es Schmerzreize aus dem Körper und interpretiert sie. Das geschieht zum Beispiel in der somatosensorischen Hinterrinde oder in der vorderen cingulären Hirnrinde.

Menschen haben eine komplexe Schmerzwahrnehmung. Aus diesem Grund empfinden sie Schmerzen auf unterschiedliche Weise und reagieren verschieden darauf.

Wie Menschen auf Schmerzen reagieren, richtet sich nach verschiedenen Faktoren:

  • Schmerzdauer: akut oder chronisch
  • Schmerzqualität: stechend oder quälend
  • Schmerzort: etwa Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen

Das reflexartige Wegziehen der Hand beim Berühren eines zu heißen Topfes ist eine Schmerzreaktion, die noch vor der bewussten Schmerzwahrnehmung auftritt.

Anders verhält es sich mit dem Schmerzverhalten, das nachgelagert auftreten kann. Etwa, wenn Sie über einen längeren Zeitraum hinweg Kopfschmerzen haben und dann allmählich den Appetit verlieren.

Wie fühlen Fische Schmerzen?

Obwohl Fische keine Säugetiere sind, ist davon auszugehen, dass sie ein ähnliches Schmerzempfinden wie Menschen haben. Denn wie der Mensch gehören sie zu den Wirbeltieren.

Das sagt die Wissenschaft zu Schmerzrezeptoren bei Fischen

Ob Fische die Grundvoraussetzungen für die Entstehung von Schmerzen haben, untersuchten Wissenschaftler in einer Studie über die Anatomie und Physiologie der Tiere. Sie verglichen die Nervensysteme von Menschen und Fischen und suchten nach den Nozizeptoren.

Das Ergebnis: Nicht nur Menschen, sondern auch Fische verfügen über die anatomischen und physiologischen Voraussetzungen, um schmerzhafte Reize zu empfangen.

Die untersuchten Fische verfügten demnach nicht nur über die notwendigen Schmerzrezeptoren, sondern auch über Gehirnareale, die denen von Säugetieren und Vögeln ähneln.

Hat ein Fisch Schmerzen beim Angeln?

Das Buch „Do Fish Feel Pain?“ der Biologin Victoria Braithwaite enthält eine detaillierte Karte von mehr als 20 Schmerzrezeptoren im Maul und Kopf von Fischen. Dazu gehören auch die Stellen, an denen die Widerhaken eines Anglers in den Fisch eindringen. Doch spüren Fische Schmerzen tatsächlich?

Spüren Fische Schmerzen beim Angeln
Auch wenn Angler gern das Gegenteil behaupten: Der Angelhaken trifft Fische an schmerzempfindlichen Stellen.

Das Schmerzempfinden von Fischen

Fische haben zwar die Voraussetzungen, um Schmerzen zu empfinden. Antworten darauf, ob diese Voraussetzungen für eine bewusste Wahrnehmung von Schmerzen ausreichen, lieferte eine weitere Studie.

Die beteiligten Wissenschaftler testeten, ob und wie Fische auf Schmerzreize reagieren. Dazu veränderten sie zum Beispiel die Wassertemperatur oder spritzten den Tieren unter Narkose einen Wirkstoff in die Lippe, der eine ähnliche Wirkung wie die Berührung einer Brennnessel hatte.

Die dadurch ausgelösten Reaktionen deuteten darauf hin, dass Fische Schmerzen fühlen. So drehten sich die Schwimmer beispielsweise auf die andere Seite oder wälzten sich im Kreis. Andere rieben sich mit dem Maul an der Wand des Aquariums oder stellten das Fressen ein.

Zu heiß gebadet? Das hinterlässt Spuren

Eine weitere Studie zeigte außerdem, dass Goldfische, die Hitze ausgesetzt waren, anschließend ängstliches Verhalten bei hohen Temperaturen zeigten.

Die Forscher interpretierten dieses Verhalten als Beleg dafür, dass die Tiere nicht nur Schmerzen empfinden, sondern sich auch an diese erinnern können.

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Gegenargumente: Spüren Fische doch keine Schmerzen?

Auch wenn vieles darauf hindeutet, dass Fische Schmerzen fühlen, gibt es auch widersprüchliche Meinungen. Das sind die wichtigsten Argumente gegen das Schmerzempfinden von Fischen:

  • Fehlen der Großhirnrinde (Kortex): Einige Wissenschaftler bewerten das Fehlen der Großhirnrinde als Gegenargument. Dieses Areal im Gehirn ist zur bewussten Schmerzwahrnehmung notwendig. Allerdings könnten bei Fischen andere Areale die Funktion des Kortex übernehmen.
  • Fehlen von C-Fasern: Wirbeltiere haben zwei Arten von Nozizeptoren: die A-Delta-Fasern und C-Fasern. Die C-Fasern leiten Schmerzsignale als „hellen“ Schmerz an das Gehirn weiter. Bisher konnten Forscher diese Rezeptoren bei Plattenfischen wie Haien und Rochen noch nicht nachweisen. Aufgrund der großen Artenvielfalt wurden allerdings nicht alle Fischarten in die Studien einbezogen.
  • Ausbleibende Schmerzen nach Operationen: Viele Menschen empfinden nach einem chirurgischen Eingriff Schmerzen. Fische zeigten in Untersuchungen dagegen nach dem Anbohren des Schädels keine Verhaltensänderungen. Für einige Forscher ist das ein Hinweis darauf, dass Fische keine Schmerzen empfinden.

Fazit: Kann ein Fisch Schmerzen empfinden oder nicht?

Da Fische nicht sprechen, schreien oder weinen können, ist eine finale Antwort auf die Schmerzfrage unmöglich. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass Fische durchaus unbewusst Schmerzen wahrnehmen können.

Für den Tierschutz ist die Beschäftigung der Wissenschaft mit Fragen wie „Spüren Fische Schmerzen oder nicht?“ dennoch wichtig. Nur mit fundiertem Wissen darüber, wie Fische ihre Umwelt wahrnehmen, ist eine artgerechte und schmerzfreie Haltung möglich.

Wichtig ist auch die Erkenntnis darüber, dass Angelhaken die Stellen am Fischkörper treffen, an denen Schmerzrezeptoren vorhanden sind. Dieses Wissen kann langfristig dazu beitragen, solche Methoden in der Fischerei zu verbieten.

Quellen:

  • swr.de
  • angelmagazin.de
  • flexikon.doccheck.com
  • hu-berlin.de
  • peta.org
  • Nordgreen, J., Garner, J. P., Janczak, A. M., Ranheim, B., Muir, W. M., & Horsberg, T. E. (2009). Thermonociception in fish: Effects of two different doses of morphine on thermal threshold and post-test behaviour in goldfish (Carassius auratus). Applied Animal Behaviour Science, 119(1-2), 101–107

Franziska G., Tierärztin
Profilbild von Tierärztin Franziska Gütgeman mit Hund

An der Justus-Liebig-Universität Gießen wurde ich zur Tierärztin ausgebildet und durfte Erfahrungen in verschiedensten Bereichen sammeln. Seitdem arbeite ich nicht nur als tierärztliche Autorin, sondern auch an meiner Dissertation. Mein Ziel ist es, Tiere vor krankheitserregenden bakteriellen Erregern zukünftig besser zu schützen. Neben meinem tierärztlichen Wissen teile ich meine eigenen Erfahrungen als glückliche Hundebesitzerin. Dadurch kann ich Ängste und Probleme nachvollziehen und zugleich über diese aufklären.


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