Abszess beim Kaninchen Dieser Artikel ist tierärztlich verifiziert

Abszess beim Kaninchen

Ein Abszess beim Kaninchen kann unter anderem am Kiefer auftreten.

Von unangenehmen Eitergeschwüren sind Kaninchen häufig betroffen, vor allem im Kieferbereich. Woran Sie einen Abszess beim Kaninchen erkennen und wie die Behandlung abläuft, erfahren Sie in diesem Artikel.

Ist ein Abszess beim Kaninchen gefährlich?

Leidet Ihr Kaninchen an einem Abszess und frisst nicht mehr richtig, ist das ein lebensgefährlicher Notfall. Das Verdauungssystem des Tieres funktioniert nur, wenn stetig neuer Nahrungsbrei hinzukommt und ältere Nahrung weiter durch den Darm schiebt.

Ist die Verdauung gestört, können sich Magen und Darm aufblähen (Trommelsucht) und im schlimmsten Fall zerreißen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie sofort den Tierarzt aufsuchen.

Symptome: Was sind Anzeichen für einen Abszess beim Kaninchen?

Ein typisches Anzeichen für einen Abszess beim Kaninchen ist die Entstehung einer Schwellung oder einer aufgehellten, haarlosen Beule am Körper. Die betroffene Stelle ist gerötet, schmerzhaft und druckempfindlich.

Hat das Tier Schmerzen, reagiert es durch Verhaltenversänderungen. Es versteckt sich, verliert die Lust am Fressen und magert ab. Das Allgemeinbefinden verschlechtert sich mit dem Fortschreiten der Entzündung und das Kaninchen kann Fieber bekommen.

Befindet sich der Abszess an einem inneren Organ, ist er nicht zu erkennen. Doch auch bei einem im Körper liegenden Abszess macht sich die Entzündung durch Symptome bemerkbar:

  • Ihr Kaninchen ist matt, müde und frisst weniger.
  • Bei einem Abszess in oder hinter dem Auge kann das Auge des Kaninchens leicht hervortreten und ist lichtempfindlicher.
  • Da eine Abszess-Kapsel die Entzündung umschließt, kann sie in manchen Fällen aufplatzen. Bricht die Haut des Kaninchens über dem Abszess auf, entleert sich der Eiter aus der Abszesshöhle nach außen.
  • Eine Entleerung nach innen in den Körper ist ebenfalls möglich. Die Farbe und Konsistenz des Eiters ist meist gelb bis weißlich und zähflüssig.

Bemerken Sie einen Abszess bei Ihrem Kaninchen, ist ein Besuch bei Ihrem Tierarzt sehr wichtig. Nur so besteht eine Chance, dass der Abszess durch eine fachgerechte Behandlung wieder abheilt.

Breitet sich die Entzündung beim Kaninchen weiter aus, kann es zu Komplikationen führen. Die Bakterien aus dem Abszess können in die Blutbahn gelangen, sich im Körper des Kaninchens verteilen und zu einer Blutvergiftung führen (Sepsis). Die Folge ist die Entzündung verschiedener Organe bis hin zum Hirnabszess.

Ist die Ursache des Abszesses durch Zahnprobleme des Kaninchens entstanden, müssen diese durch Ihren Tierarzt behandelt werden, damit die Entzündung abheilen kann.

Diagnose: Wie lässt sich ein Abszess beim Kaninchen nachweisen?

Für die Diagnosefindung ist eine allgemeine Untersuchung nötig. Ziel ist es, spezifische Symptome zu erkennen und Risikofaktoren zu erfassen. Dazu gehören zu lange Zähne, Zahnfehlstellungen, Wunden, Übergewicht oder Stoffwechselstörungen.

Folgende Untersuchungen führt der Tierarzt in der Regel durch:

  • Durch das gründliche Abtasten von Kopf, Bauch, Rücken und Pfoten beurteilt der Tierarzt deren Zustand. Er kann Schmerzempfindlichkeit, Wärme und Schwellungen erkennen, den Abszess lokalisieren und andere mögliche Ursachen ausschließen.
  • Eine Zahnuntersuchung hilft, Zahnprobleme aufzuzeigen. Bei einem Abszess der Zahnwurzeln fertigt Ihr Tierarzt eine Röntgenaufnahme des Kopfes an und überprüft, ob Kieferknochen und Augen des Kaninchens betroffen sind.
  • Mithilfe einer Blutuntersuchung lässt sich eine Entzündung im Körper des Kaninchens nachweisen.
  • Verfestigt sich der Verdacht auf einen Abszess an einem inneren Organ, nutzt der Tierarzt bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Ultraschall.
  • In manchen Fällen entnimmt Ihr Tierarzt eine Gewebeprobe der betroffenen Stelle oder aus dem Abszess. Im Labor wird eine bakteriologische Untersuchung mit einem Antibiogramm durchgeführt, um die genauen Erreger zu bestimmen und wirksame Antibiotika zu ermitteln.

Bevor ein Abszess beim Kaninchen durch den Tierarzt behandelt wird, prüft dieser zunächst, wie stark sich die Entzündung ausgeweitet hat. Fängt der Abszess gerade erst an, sich zu bilden, reicht meist die Gabe eines Antibiotikums in Kombination mit einem Schmerzmittel aus.

Die meisten Kaninchen zeigen jedoch erst Symptome, wenn die Abszessbildung schon fortgeschritten ist. In diesem Fall muss die Abszesskapsel  unter Narkose vom Tierarzt geöffnet werden. Anschließend entleert er die Abszesshöhle vollständig und spült die entzündete Stelle aus.

Große und versteckt liegende Abszesse müssen mit einer Operation entfernt werden. Dabei trägt der Tierarzt das entzündete Gewebe großzügig ab.
Anschließend wird für ein paar Tage eine Drainage eingelegt, damit Wundflüssigkeit und Eiter abfließen können. Parallel zur operativen Behandlung erhält das Kaninchen Schmerzmittel und Antibiotika.

Löst ein Abszess eine Blutvergiftung aus, können Kaninchen im schlimmsten Fall daran sterben. Das ist allerdings der Extremfall. Ansonsten gilt: Abszesse beim Kaninchen können je nach Lokalisation, Größe und Art der Bakterien völlig unterschiedlich verlaufen.

Allgemein gilt, dass ein großer Abszess eher zum Aufbrechen neigt und dementsprechend eher zu einer lebensgefährlichen Blutvergiftung führt.

Wie stehen die Heilungschancen?

Die Heilungschancen stehen gut, wenn Sie das Eitergeschwür Ihres Kaninchens rechtzeitig behandeln lassen. Sind die Bakterien resistent oder sitzt der Abszess an einem schwer zu erreichenden Ort wie dem Oberkiefer oder dem Becken, sind Therapie und Prognose schwieriger.

Kaninchen mit zu langen Schneidezähnen
Zu lange Zähne können bei Kaninchen einen Abszess auslösen.

Ursachen: Wie entsteht ein Abszess beim Kaninchen?

Bei einem Eitergeschwür handelt es sich um eine Entzündung, die sich in einem Gewebehohlraum bildet. Bakterien dringen dabei in das Gewebe ein, wo ideale Bedingungen zum Wachsen und Vermehren herrschen.

Das Immunsystem des Kaninchens reagiert auf die Infektion, indem es unter anderem Abwehrzellen in die entzündete Region schickt. Bei dieser Entzündungsreaktion bildet sich an der betroffenen Stelle Eiter.

Gelingt es dem Immunsystem des Kaninchens nicht, die Bakterien zu bekämpfen, besteht die Gefahr der Ausbreitung der Entzündung. Zum Schutz davor bildet das betroffene Gewebe eine Haut um den Entzündungsherd, die Abszess-Kapsel.

Die folgende Übersicht zeigt verschiedene Ursachen für Abszesse beim Kaninchen.

Kaninchen leiden häufig an zu schnellem Zahnwachstum oder Zahnfehlstellungen.

Auch eine Zahnfleischentzündung (Gingivitis), eine Entzündung des Zahnhalteapparates (Parodontitis), Verletzungen durch Fremdkörper im Futter oder faulende Nahrungsreste können Ursachen von Abszessen im Maulraum des Kaninchens sein.

Da sich im Maul eine Vielzahl an Bakterien befindet, gelangen diese schnell über die Zahnwurzel in den Kiefer des Kaninchens.

Durch Kämpfe zwischen Rivalen treten häufig Bissverletzungen auf. Auch spitze Fremdkörper wie Dornen oder Injektionsspritzen können zu einem Abszess führen, wenn sich die Stelle entzündet.

Vor allem tief reichende Wunden sind typische Entzündungsherde, über die die Bakterien in die Haut eindringen können.

Manchmal entsteht ein Abszess beim Kaninchen über Entzündungen, die sich auf benachbartes Gewebe ausbreiten.

Zum Beispiel können Entzündungen an den Zahnwurzeln zu einer Knochenentzündung (Osteomyelitis) und einem Augenabszess (retrobulbärer Abszess) führen.

Selten entsteht bei Kaninchen eine Blutvergiftung (Sepsis) durch kleine Wunden oder auch Nabelentzündungen bei Kaninchenbabys. Die Bakterien werden mit dem Blut im ganzen Körper verteilt. So entstehen Abszesse in inneren Organen wie der Leber.

Manchmal atmen Kaninchen mit Auslaufhaltung Gräser oder Grannen ein, die sich mit ihren Widerhaken in der Lunge festsetzen. Da diese verschiedenste Umweltkeime tragen, führen sie unter Umständen zu Eitergeschwüren in der Lunge.

Wo treten Abzesse auf?

Allgemein können sich Eitergeschwüre beim Kaninchen überall am Körper und in und an jedem Organ bilden. Zu den häufig beteiligten Bakterien zählen bei Kaninchen Keime wie Staphylokokken, Clostridien oder Escherichia coli. Sterile, nicht-infektiöse Abszesse kommen beim Kaninchen selten vor.

Vorbeugung: Wie schütze ich mein Kaninchen vor einem Abszess?

Ein Abszess beim Kaninchen lässt sich teilweise vermeiden. Dazu sind folgende Punkte zu beachten.

Artgerechte Ernährung und Haltung

  • Achten Sie grundsätzlich auf eine artgerechte Haltung und Pflege Ihres Kaninchens.
  • Ausreichende Bewegung und eine ausgewogene, artgerechte Ernährung stärken die Abwehrkräfte Ihres Kaninchens.
  • Geben Sie Ihren Kaninchen ausreichend Platz, dies beugt Verletzungen durch Aggressionen unter Artgenossen oder Selbstverletzungen vor.
  • Kontrollieren Sie den Käfig und Auslauf auf herausstehende Nägel, Drähte oder Holzsplitter.

Was tun bei einer Verletzung?

Hat sich Ihr Kaninchen eine Verletzung oder einen Fremdkörper zugezogen, suchen Sie Ihren Tierarzt auf, um die Wunden angemessen behandeln zu lassen, da Kaninchenwunden sehr schnell eitern.

Ihr Tierarzt kürzt das Fell rund um die Verletzung, reinigt die Wunde mit steriler Kochsalzlösung und trägt anschließend ein geeignetes Desinfektionsmittel auf die Wunde auf.

Damit die Wunde trocknet und verheilt, wird sie nicht abgedeckt. Behalten Sie die Wunde in den nächsten Tagen genau im Auge. Bei Anzeichen einer Entzündung oder der Verschlechterung des Allgemeinbefindens Ihres Kaninchens suchen Sie Ihren Tierarzt erneut auf.

Regelmäßige Zahnpflege hilft

Bei Zahnproblemen wie falsch stehenden oder zu langen Zähnen kürzt und behandelt der Tierarzt regelmäßig die Zähne, damit es nicht zu Entzündungen, Zahnwurzelerkrankungen und anderen Beschwerden kommt. Dieses Vorgehen reduziert das Risiko von Abszessen.


Dr. Julia Striegl, Tierärztin
autorenbild julia striegl mit hund

An der LMU München habe ich bis 2012 Tiermedizin studiert und promoviert. Danach konnte ich viele Erfahrungen sammeln, unter anderem als praktizierende Tierärztin und wissenschaftliche Beraterin. Besonders am Herzen liegen mir eine stetige Verbesserung von Tierschutz und die Nutztiermedizin. Mein größtes Anliegen war es immer, im Interesse meiner Patienten zu handeln und ihnen eine optimale Versorgung zu gewährleisten. Neben meinem tierärztlichen Wissen teile ich gerne meine Erfahrungen als Reiterin und langjährige Hundebesitzerin sowie -sportlerin.


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